Silverrudder mit "KnabHorn"

Silverrudder 2015 mit Luffe 37 Knab Horn - G 107 Baujahr 1988

Meine erste Silverrudder „singelhandet challenge oft the sea“ segelte ich 2014. Nach zähem Kampf habe ich das Rennen aber wegen Flaute abgebrochen. Meine Moral war nach ca. 36 Stunden ohne Schlaf und nur ca. 90 gesegelten Meilen gebrochen und die Zeit saß mir im Nacken. Ins Ziel kamen damals nur die allerwenigsten der rund 180 Starter. Ich gab mir im Moment der Aufgabe das Versprechen das Projekt im darauffolgenden Jahr zu wiederholen....

Schon Anfang 2015 meldete ich dann zur insgesamt 4. Auflage der noch jungen Veranstaltung. Die Meldezahl war auf 300 Boote angehoben, ich war trotzdem froh einen der begehrten Startplätze erhalten zu haben. Die Regeln der Regatta sind denkbar simpel; Einfache Sicherheitsvorschriften, keine Wettsegelbestimmungen, keine Vermessungsregeln und keine Bahnmarken. Die Insel Fynen muss je nach vorherrschender Windrichtung im- oder entgegen dem Uhrzeigersinn umrundet werden. Direkter Kurs ohne Kreuzanteile ca. 136 Seemeilen. Start/Ziel in Svendborg.

Da im Jahr 2014 bei dem Flautenrennen für mich einiges nur suboptimal lief und ich an verhältnismäßig guter Position liegend aufgab, wollte ich zumindest in 2015 mit irgendeiner guten Idee dem Boot und mir eine günstigere Ausgangsposition verschaffen. Auch vor dem Hintergrund der überwiegend jüngeren und größeren Bootskonstruktionen meiner Mitbewerber hielt es ich für zweckmäßig die Abwesenheit jeglicher Vermessungsregeln für mich zu nutzen. Ich skizzierte daher bereits im Winter verschiedene Konstruktionen für einen beweglichen Ballast im Schiff. Mein Ziel war es ca. 300 KG auf einer Art Bogenkonstruktion über den Salontisch hinweg - jeweils auf der Luvseite ganz dicht an die Außenhaut fahren zu können. Außerdem musste der Segelplan verändert werden, da unser Boot mit den vorhandenen Vorsegeln G1 und G3 noch unter keinen Bedingungen an der Kreuz überzeugt hatte.

Da meine Zeit für derartige Projekte sehr begrenzt war konnten nach der Entwicklungsphase sowohl der „moveable ballast“ als auch eine neue Genua 2 erst unmittelbar vom dem Rennen im Rahmen einer Mittwochsregatta in der ersten Septemberwoche einem Test unterzogen werden. Änderungen waren weder am Segel noch an der „Konstruktion“ noch möglich. Meinen Clubkameraden vom SVH sei zur Beruhigung der Gemüter gesagt, dass sich die Plazierung in der betreffenden Mittwochsregatta nicht vom sonstigen Mittelmaß abhob (vergl. Ergebnisse MIWO Regatta am 09.09.2015). Für den kleinen Verstoß gegen die Yardstick- und somit Clubregeln möchte ich mich aber trotzdem im nachherein entschuldigen....

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314 KG als "movable ballast" beliebig positionierbar


Am Mittwoch, den 16.09.2015 verließ dann die Knab-Horn den Heimathafen Heiligenhafen morgens gegen 09.00 Uhr in Richtung Svendborg von wo aus die Silverrudder Regatta gestartet wird. Mit von der Partie meine 3 dicken, schweigenden sich niemals beklagenden - und friedlichen Mitsegler mit einem Gesamtgewicht von ca. 314 KG. Einziger Nachteil der Konstruktionwar die Tatsache dass der Salon der Luffe 37 der ohnehin dem eines Jollenkreuzers gleicht, jetzt total verbaut war. Beide Kojen nicht mehr nutzbar, der Weg ins Vorschiff eine Kletterpartie und jeglicher Wohnkomfort zerstört. Von der Optik mal ganz abgesehen. Außerdem mit von der Partie ; Die von Oleu Segel perfekt auf das Schiff angepasste neue Genua 2. Danke nochmal an Bjarne und Ole. Außerdem verfügt das Boot noch über einen 75m2 Gennaker mit einem schnell zu montierendem Gennakerbaum und einer alten Genua 1 die mit Stagreitern nachgerüstet als Stagsegel am Gennakerbaum zusätzlich zur G2 gefahren werden konnte (ein Code Zero für arme...). Die beiden Spinnaker nicht zu vergessen, die zur Grundausstattung des Bootes gehören. Ernährungsmäßig setzte ich wie bereits im Jahr 2014, auf ein kalorienreiches Getränk, welches serviert in 1⁄4 Litern Tetrapacks zu je 350 Kalorien, keiner weiteren Nahrungsergänzung bedarf. Es entfällt somit jeglicher Aufwand der Zubereitung von Mahlzeiten und Getränken. Die Kehrseite der Medaille ist aber der pelzige Geschmack auf der Zunge der sich nach ca. der 10. Portion einstellt (i kill that cat...).

Ich fühlte mich so ausgerüstet - dementsprechend gut vorbereitet und lief am selben Tag um ca. 17.00 Uhr in Svendburg ein. Platz gefunden hatte ich schnell neben Club- und Ex-Saudade Kollege und Freund Andreas Rohde (Coachi) dem späteren Gewinner der Regatta in meiner Klasse bis 40,5 Fuß. Die beiden Boote eine fast 30 Jahre alte Luffe 37 neben einer brandneuen französichen Konstruktion JPK 38 mit Knickspand, Doppelruderanlage, offenem Heck und Carbonrigg konnten unterschiedlicher nicht sein. Der Charakter der Veranstaltung wird durch den Unterschied und das verschiedene Potenzial der Boote beindruckend unterstrichen.

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     Siegerboot JPK 38 "ratzfatz3"                    Luffe 37 "KnabHorn"   

Nach einem Tag für Anmeldung, Sicherheitscheck und Steuermannsbesprechung wurde die Wettfahrt am 18.09.2015 bei einem böigen Südwest zwischen 22 bis 30 Knoten vor dem Svendburger Rundhafen gestartet. Ca. 20 Minuten vor dem Start brach mir der Draht des Baumniederholers. Ich benötigte exakt 20 Minuten zur Reparatur. Ein Unterfangen das angesichts der Windstärke, des Gedränges in der Vorstartzone und des vor Svendburg engen Fahrwassers mit Untiefen unmittelbar außerhalb des Tonnenstrichs zu einem adrenalintreibenden Unterfangen geriet. In mehreren Starts starteten dann insgesamt rund 280 Schiffe und verließen den engen Svendburgsund in östliche Richtung. Im Großen Belt angekommen stellte sich unmittelbar die Frage der angemessenen Besegelung. 22-25 Knoten Wind raumschots - mit Crew keine Frage Spinnakerkurs. Aber Einhand zum Beginn der Regatta? Ich entschied mich zunächst für die ausgebäumte G2 da das Boot erfahrungsgemäß damit sehr schnell und ausgewogen unterwegs ist und sich das handling einfach gestaltet Das Boot lief sehr schnell und sicher und ich konnte mich in der Spitzengruppe von insgesamt ca. 60 Startern etablieren. Nach einem furiosen Gennakergang in einer Schauerbö mit 32 Knoten Wind die ich im Gegensatz zu meinen Mitbewerbern sehr achterlich „abreiten“ konnte, lag ich an zweiter oder dritter Stelle des gesamten Starterfeldes!

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     "KnabHorn" auf dem Weg nach Fynshoved

 

Warum weder der Gennaker platzte noch der aufgeflanschte Gennakerbaum samt Buckkorp und Seezaun wegflog, als ich mit fast 14 Knoten Bootspeed bei glattem Wasser Richtung Beltbrücke flog weiß ich bis heute nicht es hat einfach gehalten... Es ging nach erfolgreichem Bergemanöver durch die Beltbrücke Richtung Norden nach Fynshoved. Nahezu das gesamte Starterfeld passierte hier wie selbstverständlich einen weinige hundert Meter breiten - und nicht betonten Durchstich zwischen verschiedenen Flachs um sodann auf die lange Kreuz bis Mittelfahrt zu gehen. Der Wind hatte derweil auf WNW gedreht und sich bei ca. 20-24 KN eingependelt. Die zum Teil kräftigen Böen ließen nun langsam nach, bis zum Abend sollte der Wind deutlich abnehmen. Das Boot – ausgestattet mit G2 und der „Konstruktion“ unter Deck - lief am Wind bei sehr ruppiger Welle einen nie dar gewesenen Speed an der Kreuz von 6,5 bis 6,8 Knoten. Der Innenballast in Kombination mit der Genua 2 erwiesen sich als goldrichtig. Auf Steuerbordbug konnte ich Endelave gerade anliegen und hoffte offensichtlich als einziger auf den angesagten Rechtsdreher. Alle anderen Regattateilnehmer in Worten ALLE zogen es vor mit einem Schlag auf Backbordbug in das ruhigere Wasser unter Nordfün und der Insel ÆbelØ zu gelangen. Der Küstenverlauf gewährleistet hier bei westlichen Winden glattes Wasser. Ich hingegen fuhr ganz alleinrechts mit hoher Geschwindigkeit in die falsche Richtung. Der Dreher kam und kam nicht. Mein Unbehagen gepaart von Selbstzweifeln und Ärger über mein „Kopf durch die Wand“ Verhalten wuchs von Minute zu Minute. Das Feld auf der linken Seite der langen Kreuz war schon hinter der Erdkrümmung verschwunden als ich mich endlich entscheiden konnte zu wenden. Erst nach der Wende auf Höhe Endelave begann der Wind langsam etwas nach rechts zu drehen, so dass ich mit einem Blauen Auge davonkam. Was ich zu diesem Zeitpunkt nicht wusste, war die Tatsache, dass zum Beispiel die one off Gloriavon Peter Kohlhoff oder die Sportsfreundvon Kalle Dehler und einige der IMX 40 mich gerade erst zur Hälfte dieser Kreuz in etwa auf Höhe ÆbelØ auf der langen Kreuz nach Mittelfahrt eingeholt hatten...

Andreas Rohde mit seiner JPK 38 war zu diesem Zeitpunkt, am späten Nachmittag, jedoch bereits im Eingang zum Kleinen Belt, für das Hauptfeld uneinholbar - mehr als 10 SM voraus.

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   Die JPK 38 "ratzfatz3" auf einem Trainingsschlag am Wind

Später am Abend so gegen 20.00 Uhr passierte ich bereits in der Dunkelheit Fredericia um dann bis Mitternacht den kleinen Belt wieder zu verlassen. Der Wind hatte jetzt erheblich abgenommen und wehte nur noch mit ca. 5-7 KN stetig aus WNW. Der Gennaker kam dann erst wieder in Höhe LyØ zum Einsatz. In den frühen Morgenstunden zogen sich die Meilen bis in den Svendborgsund nun in die Länge und die Dämmerung ließ aufgrund der Tag- und Nachtgleiche ewig auf sich warten. Der Wind ließ immer weiter nach und am Sundeingang sorgten gerade noch 4 Knoten Wind für einigermaßen Vortrieb. Ca. 5 SM vor Svendborg die Brücke war schon gut in Sicht betrat dann noch ein weiter Akteur die Bühne ein satter Gegenstrom von ca. 1,5 KN! Ich konnte es einfach nicht fassen! Nach fast gelungener Umrundung an guter Position liegend nun nur noch einen bis zwei Knoten Fahrt über Grund und der Horizont hinter mir voller Verfolger. Erinnerungen an die Nervenschlacht der vergangenen Silverrudder wurden wach. Als Sofortmaßnahme tauschte ich den Gennaker gegen den Spinnaker um besser auf Dreher und platte Kurse reagieren zu können. So konnte ich mir die rasch aufkommende Meute vom Hals halten und hielt Anschluss an die vor mir liegenden Boote eines anderen Startes.

Zu guter Letzt überquerte ich am Samstagmorgen um ca. 07.30 Uhr nach ungefähr 22 gesegelten Stunden die Ziellinie um sicher im Hafen in Svendborg fest zu machen. Zu meiner Überraschung war der Hafen noch sehr leer, von den ca. 280 Startern waren erst ca. 30 wieder fest, darunter einige Multihulls. Im Ergebnis konnte ich für mich einen 12 Platz von 58 Startern in der Klasse 35-40,5 Fuß verbuchen. Die drei dänischen Luffe 37 aus meiner Gruppe konnte ich deutlich auf Distanz halten und bei den vor mir platzierten Schiffen handelte es sich um namenhafte größere Konstruktionen. Mein Konzept aus dem Schiff und mir so viel heraus zu holen wie möglich, war offensichtlich aufgegangen. Die verrückte Idee, die Pläne eines beweglichen Innenballastes tatsächlich umzusetzen hatten sich ausgezahlt. Gar nicht auszudenken wenn ich die lange Kreuz auf der Nordseite von Fünen auf der richtigen Seite begonnen hätte (...wenn und hätte saßen auf Toilette und zogen an der Kette...).

Der Sieger in meiner Gruppe war Andreas (Coachi) Rohde mit seiner JPK 38 der ohne den Einsatz seines Gennakers (war nicht rechtzeitig zum Start fertig) den bestehenden Rekord der Inselrundung „pulverisierte“ und am Ende nur ca. 18 Stunden benötigte.

   Coachi_.jpg               Sieger_der_SVH_Clubwertung.jpg

  Coachi zeigt stolz sein "Silverrudder".             Sieger der inoffiziellen SVH Clubwertung:

 Er hatte den Streckenrekord pulverisiert.         Coachi und Volumi

Diese Zeit zeigt welches Potenzial in der neuen JPK 38 steckt und wie perfekt Coachi dieses Boot beherrscht und für sich konfiguriert hat. So konnten wir beide am Abend die Preisverteilung sehr zufrieden genießen. Unsere inoffizielle Teamwertung des bestens Clubs über alle 280 Starter haben wir natürlich mit Rundungszeiten von 18 Std. bzw. 22 Std. für den SVH gewonnen....!

Für das Jahr 2016 muss ich natürlich noch melden. Ob ich zusätzlich das Boot noch aufrüste weiß ich noch nicht aber das Jahr hat ja auch erst begonnen, bis September liegt noch eine ganze Segelsaison, in der einiges an Ideen umsetzbar wäre....

Januar 2016

Stefan (Volumi) Knabe