
Koller Sommerreise 2012
2012 - Mit der „Koller“ um die Ostsee.
Der Aland-Archipel, SW-Finnland und die baltischen Staaten
Bis zum Morgen ist das Barometer ordentlich gestiegen, die Sonne scheint, und es ist warm im Cockpit. Frühstück wieder im Freien. In der Ankerbucht von Torparö ca. 8 Meilen nordöstlich von Kapellskär ziehen 3 Schwanenpärchen majestätisch am Schilfgürtel entlang. Der Seeadler, der gestern Abend von einer übel schimpfenden Krähe attackiert wurde, ist nicht zu sehen. Leider kein Wind. Wir motoren durch den Trangskärsfjärden nach NE ins freie Wasser. Dort ist ein lauer SE 2. Wir haben heute aber viel Zeit zum Segeln und so ziehen wir langsam Richtung Mariehamn. Im Westhafen machen wir schließlich hinter der „Pommern“ fest. Die Uhren werden auf die finnische Sommerzeit umgestellt und durch das schön und großzügig bebaute Mariehamn gebummelt. Den kommenden total verregneten Tag verbringen wir im komplett umgebauten und vor ca. 2 Jahren wieder eröffneten und absolut sehenswerten Schifffahrtsmuseum.
Mittlerweile ist die Regenfront über uns hinweg gezogen und „erfreut“ Südfinnland. Bei frischer Brise aus SW segeln wir nach S aus dem Hafen. Wenn immer die luvwärtigen Inseln eine Lücke haben, beschleunigt die „Koller“ dank kleiner Welle auf Rumpfgeschwindigkeit. An den engen Fahrwasserstellen bei Stegskär und Ledskär ist schnelles und konzentriertes Navigieren angesagt. Der Kurs geht eben nicht durch die großen (oft zu flachen) Lücken zwischen den Felsen, sondern durch die ausreichend tiefen - auch wenn sie recht schmal sind. Im breiten Ledfjärden segeln wir dann mit achterlichem Wind entspannt nach NNE. Bei schönem Sonnenschein machen wir am frühen Nachmittag im ehemaligen Zoll- und Lotsendorf Degerby auf Föglö fest. Bei den netten Damen im Cafe melden wir uns für den Abend zur Sauna an und spazieren bei herrlichem Inselsommerwetter zum alten Gutshof Enigheten und zum alten Lotsenhaus. In der Nacht regnet es heftig, morgens kommt noch ein lokales Gewitter mit Wolkenbruch dazu. Nach dem Frühstück wird das stehende Wasser von den Duchten gewischt und abgelegt. Zunächst unter Maschine nach N, ab der W-Tonne Överö dann unter Segeln bei N 2 nach Ost. Ein langer Schlag ist bei diesem Wind nicht drin. Mit sehr beschaulicher Fahrt steuern wir Sottunga an. Dem Namen nach könnte das im Kongo liegen, aber es ist ein kleiner einfacher Inselhafen mit Schwimmsteg neben dem Fähranleger. Liegegebühr ist 14 €, Duschen kostet extra 4 € für 4 Minuten, Wasser ist kostbar! Mit den bereitstehenden Fahrrädern fahren wir zum 3 km entfernten gleichnamigen Ort. Mittlerweile strahlt die Sonne wieder und wir freuen uns an der schönen Natur der Insel, dem gepflegten Friedhof mit herrlichem Ausblick durch die Bäume aufs Meer und der alten nach Teer riechenden Holzkirche. Zurück an Bord wird der neue Backofen mit dem Backen des ersten Apfelkuchens eingeweiht. Passend zu diesem leckeren Ereignis steigt der Luftdruck wieder an.
Am nächsten Morgen strahlt die Sonne. Ein Eigner nach dem anderen setzt seine Nationale wieder in den Flaggenstock: 2 x Aland, 1 x Finnland, 3 x Schweden und 1 x Deutschland. Wir warten noch zwei einlaufende Fähren ab und machen dann los. Wieder bei wenig Wind segeln wir durch den Sottunga –Sund nach E und steuern dann SE, Ziel Kökar. Wir haben viel Zeit und können Flautenlöcher aussitzen, beobachten die hinter und zwischen den Inseln vorbeiziehende Großschifffahrt und erfreuen uns an den rundgeschliffenen kluftigen Formen der vorbeiziehenden rötlichen Granitinseln. Erst am Südende des engen Fahrwassers brist es aus W auf und die Koller läuft wieder. Im Hafen Karleby sind wir die vierte Yacht. Wir bummeln durch die Ferienanlage, in der sich Kajakfahrer, Biker, Segler und andere Feriengäste offensichtlich wohlfühlen, buchen für 20.00 bis 21.00 die Sauna und freuen uns am Hier und Jetzt. Abends noch herrlicher Sonnenschein, aber kühler Wind, dafür aber Thunfischsalat und Rotwein. Das Leben ist richtig schön, was braucht der Mensch mehr. Morgens lösen wir die Leinen und segeln bei N 2-3 und bei kleinster Welle flott im Fahrwasser nach Osten. Wir danken Jan im Geiste für unsere Super(!)-Genua. Der Abstand zu den nach uns aufgebrochenen Yachten vergrößert sich und der vor uns aufgebrochene 2-Master wird schnell größer. Im Hauptfahrwasser geht es mit achterlichem Wind weiter durch den Kökarfjärden nach SE. Vom Hauptfahrwasser schnippeln wir die Kurve und steuern die W-Tonne der NW-Einfahrt von Utö an. Wir müssen an die Steckdose und machen deshalb am privaten Steg von Utö Havshotel fest. Am alten, langsam zerfallenden Steg im Inneren der Hafenbucht gibt es immer noch kein Wasser und keinen Strom. Wir wandern bei schönem Licht durch den seehistorisch bedeutenden Ort und zum ältesten Leuchtturm Finnlands.
Uns wird klar: Übermorgen, am Samstag wollen wir nicht segeln. Erstens wegen des angesagten Wetters - Sturmwarnung aus Ost auf Süd drehend mit reichlich Regen - und zweitens, weil dann Mittsommer gefeiert wird. Da wollen wir von Anfang an dabei sein. Die Frage ist, welcher in der Nähe liegende Hafen ist bei dieser Windrichtung sicher und bietet einen schönen Rahmen für dasFest. Die Wahl fällt auf Jurmo, das gerade mal 10 sm ostnordöstlich liegt. Relativ spät, aber als erste Yacht legen wir ab und segeln hoch am Wind durch das tiefe Hauptfahrwasser nach N über die Bake Söderbadan hinaus, wenden und rauschen mit einem Schrick in den Schoten bis zur Ansteuerung von Jurmo. Alle Kurse um die Inseln und die Steine passen, kein Holeschlag ist notwendig, genau wie gestern. Wir genießen das Segeln. Im bereits gut gefüllten Hafenbecken teilen wir eine Heckboje mit der Nachbaryacht. Die Hafenmeisterin ruft uns zu, dass frischer Räucherlachs gerade fertig geworden ist. Das lassen wir uns nicht zweimal sagen und genießen ihn noch warm mit dem schwarzen süßen Saaristoleipä, dem schweren Brot der Inseln, und mit Bier. Wie alle Boote im Hafen so wird auch die „Koller“ über die Toppen geflaggt und die Nationale bleibt über Nacht im Flaggenstock für das morgige Mittsommerfest. Wir haben einen schönen Sonnenuntergang, aber gleichwohl bleibt es hell. Die Stegnachbarn lesen im Cockpit noch um Mitternacht. Das Mittsommerfest beginnt grau. Morgens Regen, mittags Regen und abends Regen. An Nachmittag kommt der angekündigte Starkwind aus NW dazu. Es wird wieder kalt. Die Admiralin zaubert in ihrem Backofen leckere Brötchen. Der Duft und die Wärme des Herdes verbreiten gute Laune. Mittsommer findet wie auf allen Yachten bei diesen Wetterbedingungen unter Deck statt. Der kommende Morgen ist kalt und trübe und es sieht immer noch nach Regen aus. Der große für das Mittsommerfest aufgehäufte Holzstapel steht immer noch. Keiner hatte ihn angezündet. Auch wir nehmen unsere Flaggen wieder herunter und legen im Ölzeug ab. Mit halbem Wind ziehen wir nach NE über den Jurmofjärden und dann am Wind nach N. Es sind trotz des trüben Wetters heute mehr Segler unterwegs als in den vergangenen Tagen. Die Saison beginnt jetzt und wir sind näher an den großen Städten. Der Wind meint es heute wieder richtig gut mit uns. Wir erleben einen Segeltag mit verschiedenen Kursen, alle am Wind, aber ohne Kreuz, weil der Wind zur richtigen Zeit mit dreht.
Die Admiralin wollte eigentlich nach Rumar. Aber die Steganlage mit Heckbojen liegt direkt am durchgehenden Fahrwasser ungeschützt gegen Schwell. Deshalb fahren wird durch bis Korpoström und machen in der dortigen neuen Marina mit angeschlossenem Hotel und Kongresszentrum fest. Der Wetterbericht gibt für morgen ab Mittag Ostwind mit 5 in Böen bis 7 Windstärken an. Da müssen wir von diesem nach Osten offenen Hafen weg sein. Immer wieder pfeift der Wind schon am sehr frühen Morgen durch die Riggs und im Norrsund beginnt sich Schwell aufzubauen. Unsere „Koller“ wird unruhig. Sehr früh lösen wir deshalb die Leinen und motoren gegen den Wind nach Ost. Im Hauptfahrwasser setzen wir Segel Generalkurs Nord. Mit den Straßen-Fähren zwischen Korppo und Nauvo kommen wir gut klar. Angesichts der Wettervorhersage haben wir uns für das enge küstennahe Fahrwasser entschieden. Es ist immer noch früher Vormittag als wir den Hafenmeister der großen Marina in Nauvo aufsuchen und dann ein 2. Frühstück einnehmen. Jetzt heulen Böen durch die Riggs im Hafen und schließlich beginnt es auch noch zu ordentlich zu regnen. Marja geht Wäsche waschen und ich vervollständige das Logbuch. Für den nächsten Morgen hat die Admiralin ihren Skipper – wie schon vor 4 Monaten versprochen - zum Frühstücksbuffet ins Strandbo-Hotel eingeladen. Stilvoll und von sehr guter Qualität. Dioxin-Bedenken beim exzellenten Ostseehering werden beiseitegeschoben. Der Regen, der schließlich zum Wolkenbruch mit Gewitter führt stört uns heute nicht. Abends, Punkt 21.00 Ortszeit holt der Hafenmeister bei einer Trompetenfanfare vom Tonband die Flaggen ein, das unüberhörbare Zeichen für alle Skipper dasselbe jetzt auch zu tun.
Am Morgen ziehen unter dem grauen Himmel immer wieder schwarze Wolken entlang, aus denen es jederzeit schütten kann. Wir segeln nach Osten im Fahrwasser nördlich von Lillandet, dann höher an den Wind Richtung Airisto-See. Dort spüre ich am Ruder einen harten Schlag wie mit etwas Schwerem aber mit weicher Oberfläche. Das Ruder bewegt sich –Gott sei Dank- danach immer noch einwandfrei. Offensichtlich ist nichts passiert (später hören wir, dass so etwas nicht selten vorkommt. In aller Regel sind es hölzerne Pfosten von Stegen oder Saunas, die sich durch Eis-Einwirkung im Winter losgearbeitet haben und im Wasser schweben, bevor sie schließlich ganz zu Boden sinken). Nach gut 3 Stunden Segelzeit machen wir im Hafen von S-Marin auf Hirvensalo/Turku fest. Wir richten die Koller so her, dass sie für die nächsten 9 Tage festgebunden als Hausboot für unser Familientreffen dienen kann.
Der Himmel ist einheitlich grau als wir schließlich Turku verlassen und die Airisto-See nach S kreuzen. Es beginnt zu regnen, schließlich kommt noch Blitz und Donner dazu. Trotzdem haben wir einen schönen Segelwind bei kleiner Welle. Wir folgen den kleinen Fahrwassern nach SE. Am späteren Nachmittag schläft der Wind schließlich ein und wir fahren in die idyllische einsame Ankerbucht Jermoviken. Die „Koller“ ist anscheinend sehr attraktiv und zieht 2 weitere Yachten an, die mit uns hier übernachten. Ein erfrischendes morgendliches Bad im Meer, danach tauschen wir die Genua gegen die Fock und ziehen schließlich den Anker mit viel Mühe aus dem zähen Lehm. Bei frischer Brise Kreuz Richtung Helsingholmen und dort eine weitere Nacht vor Anker. Am nächsten Morgen lädt das Wasser nicht zum Bade, wir lösen uns aus der Gruppe der Ankerlieger und kreuzen mit SW 5 weiter nach S zwischen den Inseln und Steinen durch. Der Wind legt weiter zu, die See wird rauer und immer wieder spritzt Gischt über Deck. Nach Passieren von Vitgrund fallen wir ab und die Koller rauscht mit Rumpfgeschwindigkeit aus dem offenen Wasser zwischen die Inseln. Bei Kalvholmen bergen wir die Segel und motoren in den geschützten Hafen von Rosala-Nötholmen. Am Nachmittag besuchen wir das ca. 2 km entfernte Vikingzentrum. Zurück am Hafen erleben wir, dass zwischen die an Heckbojen liegenden Yachten immer noch weitere reinpassen. Mit ordentlichem Gas-geben wird sich dazwischen geschoben. Die Fender drücken sich nach oben und können dann kaum noch zwischen die Rümpfe geschoben werden. Es ist offensichtlich: Die Segelsaison hat begonnen und dieser Hafen wird gerne besucht. Trotzdem wird es eine ruhige Nacht.
Im freien Wasser rollen wir morgens die Fock aus und segeln bei SW 6 sehr flott nach Osten. Ab Mittag legt der Wind weiter zu und es beginnt zu regnen. Um vor Hanko nicht gegen den starken Wind ankreuzen zu müssen wählen wir als „Direttissima“ ein enges Fahrwasser, das aber geradewegs auf die Huk vor Hanko zuführt. Zwei große Racer mit Carbonsegeln überholen uns und liefern sich ein packendes Race. Starkwind, Regen, unangenehmer von den Steinen reflektierter Schwell, Gischt und zwei auf der Backe liegende Racer vor uns, ein packendes Erlebnis. In Hanko fällt die befürchtete lange Liegeplatzsuche aus. Die Admiralin sieht einen Platz, Koller rein, fest, fertig. Nach der verdienten Kaffeepause lacht die Sonne vom Himmel und wir wandern durch das lebendige Hanko. Die Vorhersagen der befragten meteorologischen Institute für morgen differieren beträchtlich. Aber übermorgen soll es heftig regnen. Das wollen wir dann in Ekenäs/Tammisaari aussitzen. Wir verlassen den Hafen von Hanko durch die SE-Ausfahrt und segeln gemütlich in der Sonne gen Osten. Über Land stehen massive Cumuli (Vorboten für morgen, Fr, den 13.?). Immer wieder „erfreuen“ uns die Powerboat-Fahrer, die mit 30 kn durch das enge Fahrwasser donnern und heftig rollende Boote, schlagende Segel und an Bord umstürzende Gegenstände hinter sich lassen. Das letzte Stück nach Tammisaari müssen wir in der Flaute unter Maschine laufen. Die junge, nette und hilfsbereite Hafenmeisterin betreut auch gleich die Touristinfo im Hafengebäude. Von ihr gut eingewiesen machen wir einen Abendbummel durch die schöne Altstadt. Wir fühlen uns richtig wohl. Von unseren Segelfreunden Peter und Renate kommt eine SMS, dass sie heute am frühen Abend von Porkala kommend in Tammisaari eintreffen werden. Marja bereitet ein leckeres Abendessen vor und wir haben einen schönen langen Abend auf der „Koller“. Die Freunde berichten u.a. wo sie in Estland waren und was sie dort erlebt haben. Immer noch Ostwind. Wir bleiben noch einen Tag in Tammisaari und besuchen das schöne Stadtmuseum, in dem eine Gemälde-Ausstellung aus Anlass des 150. Geburtstags von Helene Schjerfbeck stattfindet, die von 1925-1941 hier lebte und arbeitete. Die zwei Segelfreunde wollen morgen das kurze Zeitfenster mit östlichen Winden nutzen um vor dem angekündigten starken Westwind (auf den warten wir) noch nach Hanko zu kommen. Wir verbringen noch einen Tag bei häufigen Regenschauern in dem uns mittlerweile vertrauten Städtchen.
Am nächsten Morgen Regen, Regen und kein Ende. Die Baumpersenning und die Kuchenbude werden nass weggepackt und dann - wasserdicht gekleidet - abgelegt. Wegen des angekündigten Starkwindes aus SW segeln wir durch das landschaftlich sehr schöne geschützte Innenfahrwasser bei zeitweiligem Ragen nach NE. Bei Stickellandet verlassen wir das Innenfahrwasser und steuern die Huk von Porkala an. Dieses Seegebiet ist reichlich mit Felsen und Untiefen bestückt. Bei SW 6-7 kocht hier die See. Eine aufregende Passage!! Bloß keine Tonne übersehen!! Hinter der Huk wird die See ruhig, aber es bläst immer noch mit 5-6 Bft. Wir bergen die Segel und fahren in den fast windstillen Naturhafen Lähteelä ein. Der Regen hört auf und wir können die Kuchenbude zum Trocknen aufbauen. Am nächsten Tag geht es nur unter Großsegel weiter Richtung Helsinki. Die Sonne scheint und wir sehen richtig viele Segler, die bei SW 5-6 unterwegs sind. Das Feuer Koirakari an Backbord lassend segeln wir durch den schmalen Sund NWlich von Suomenlinna und bergen im geschützten Bereich dahinter das Segel. Der Hafenmeister des Gästehafens des Nyländska Jaktklubben NJK erwartet uns schon und nimmt die Leinen an. Wir sind wieder in im Herzen des Stadthafens von Helsinki, unserem Kulthafen auf Blekholmen.
Acht Tage später nachdem wir zu einer Hochzeit in die Heimat geflogen sind und Helsinki als Design-Welthauptstadt 2012 erforscht haben, treffen wir unsere Klubkameraden Gert und Veronika von der „KIWI“. Von ihnen erfahren wir was sie mit dem Internationalen Yacht Cruising Club erlebt haben. Dann verlassen wir Helsinki Richtung Estland. Die Großfähren und Katamaran-Fähren zwischen Helsinki und Tallinn sind ständig unterwegs. Aus Lauttasaari läuft ein Kreuzfahrtriese aus. Es ist ordentlich Betrieb auf dem Wasser. Bei der Bake Hramtsow ändern wir den Kurs und steuern Vergi in Estland an. Noch vor Mittag wird der Wind schwächer und schließlich muss die Maschine helfen. Wir passieren Mohni Saar und freuen uns an den riesigen Vogelschwärmen, die immer wieder mit vielhundertstimmigen Rufen über uns hinweg fliegen. Entlang der Flachs navigieren wir in den kleinen Hafen und machen am nicht sehr stabilen Schwimmsteg längsseits fest. Die Hafengebühr wird beiläufig am Bartresen entgegengenommen und der Bootsname in einer Kladde vermerkt. Wir sind hier in Lahemaa-Nationalpark, dem größten in Estland. Den möchten wir in den kommenden zwei Tagen erkunden. Also packen wir den Rucksack, ziehen die Wanderschuhe an und wandern auf der wenig befahrenen guten Straße nach Altja, einem gepflegten Ort mit schön hergerichteten Ferienwohnungen in aufwändig renovierten alten Bauernkaten mit Schilfdächern. Im nahen Park-Informationszentrum bekommen wir Landkarten und anderes Informationsmaterial. Wir gehen weiter, besuchen das Biber-Habitat am Altja-Fluß und wandern schließlich an diesem entlang auf schmalem Wanderweg durch eine wildromantische schluchtige Fluss-Wald-Landschaft. Schließlich erreichen wir das schön renovierte Gut Sagadi. Ein Schweizer Ehepaar nimmt uns mit nach Palmse. Im dortigen Park-Hotel mieten wir für zwei Tage solide Fahrräder. In dem sehr gut renovierten Herrenhaus Palmse, in dem seit dem 30 jährigen Krieg bis zum Heranrücken der roten Armee 1945 die Barone von der Pahlen gewohnt haben ist ein Modeatelier eingerichtet. Der dazugehörige Park und der Garten machen einen gepflegten Eindruck. Die Rückfahrt geht über ruhige Waldstraßen mit einigen Pausen zum Sammeln von reichlich Pfifferlingen, Blaubeeren und Walderdbeeren. Es ist eine Pracht. Später erfahren wir, dass wir das genau in der Gegend gemacht haben, wo sich Braunbären aufhalten. Wir sind uns sicher, dass wir im Konfliktfalle Meister Petz etwas abgegeben hätten. Von vielen Seiten wurde uns ein Besuch der Halbinsel von Käsmu empfohlen. Über Vosu, einer modernen Sommerfrische-Stadt mit viel Leben radeln wir weiter nach Käsmu. Beim kundig geführten Meeres-/Fischerei-/Schiffbau-Museum, das in dem ehemaligen Gebäude der sowjetischen Küstenwache untergebracht ist stellen wir die Räder ab und wandern auf einen märchenhaften Küsten-Waldweg entlang der spektakulären N-Küste der Halbinsel Käsmu, sehen die charakteristischen im Meer liegenden Riesenfindlinge (Suurkivi) und haben zauberhafte Ausblicke aufs Meer.
Für den kommenden Tag sind östliche Winde um 3 Bft. angesagt. Wir finden aber eine spiegelglatte See vor. Anders als vorhergesagt kommt der Wind erst ab 13.30 auf. Die Insel Prangli bleibt an Backbord, sie soll jetzt einen schönen Hafen haben. Bald kommen die großen Schiffe, die in oder aus der Tallinner Bucht fahren in Sicht. Wir beschließen, nicht nach Tallinn zu segeln sondern die vorgelagerte Insel Naissaar anzulaufen. Nahe der Einfahrt ist ein Schwimmsteg mit Heckbojen ausgelegt Der Hafen ist recht urig, wenig gepflegt, aber gut besucht. Es gibt keine richtigen sanitären Anlagen, kein Wasser und keinen Strom und bezahlt wird auch nicht in diesem ehemaligen Militärhafen. Auf der immer noch unter militärischer Verwaltung stehenden Insel wurde die Laborierung von See-Minen durchgeführt, die dann auf Geleisen in den Hafen zu den Minenlegern gebracht wurden. Die rostigen Trümmer und leere Minenkörper sind noch allenthalben zu finden. Unser Spaziergang über die Insel entgleist völlig zu einem blutigen Moskitokrieg, den wir auf ganzer Linie verlieren. Bei einem anschließenden Bad im Meer kühlen wir unsere Wunden und waschen unser Blut ab. In der Nacht steht Schwell aus S in den Hafen. Der Wind hat gedreht wie erwartet. Schön für den morgigen Schlag nach Dirham Sadam. Bei S 4 segeln wir hoch am Wind zunächst Richtung Tallin, wenden dann und segeln über das Naissaar Riff bei ca. 8 m Wassertiefe. Wir fallen ab auf Halbwindkurs und rauschen bei kleiner Welle mit Rumpfgeschwindigkeit nach West. Langsam dreht der Wind über SW nach NW, wird dann weniger und schläft schließlich am späten Nachmittag ein. Mit der Maschine laufen wir in den Hafen ein und finden noch einen freien Platz am gut besuchten neuen Schwimmsteg. Oben im schön gelegenen Café-Restaurant wagen wir uns an ein einheimisches Gericht: In heißem Fett gebackene Schwarzbrotscheiben mit einem Knoblauch-Käse-
Mayonnaise-Dip und trinken dazu einheimisches Saku-Bier. Mittags soll der Wind von SW auf W drehen. Das wollen wir abwarten für unseren Schlag nach Haapsalu. Vorher wird noch vollgetankt (Diesel 1,35 € pro Liter). Um 14.00 steht immer noch SW 5. Trotzdem segeln wir jetzt los.Tiefdunkle Wolkenbänke ziehen in schneller Folge über uns weg und die eine oder andere schickt einen feuchten Gruß. Wir machen in der neuen Westmeri Jahisadam-Marina in Haapsalu fest, die exzellente Stege und äußerst gepflegte Sanitäreinrichtungen hat.
Am nächsten Tag steht immer noch Wind aus SW. Bei Rohukülä setzen wir die Segel und folgen dem ausgetonnten Fahrwasser. An der Küste von Hiumaa nach S brauchen wir nur einen Holeschlag. Wir beobachten einen schnell gesegelten gaffelgetakelten Oldtimer, der offensichtlich Manöver übt. Um die NE-Huk von Muhu steuern wir den Hafen von Kuivastu an, von dessen Existenz wir erst vor kurzem gehört haben. Er ist erst 6 Wochen zuvor in Betrieb genommen worden und weder im Internet noch auf Karten oder Handbüchern verzeichnet. Der Hafen liegt südlich des Fähre-Piers nach Virtsu. Auch hier sind die sanitären Einrichtungen vom Feinsten. Auch für morgen ist noch SW angesagt. Den wollen wir für einen langen Schlag nach Pärnu nutzen. Noch vor 06.00 Uhr legen wir ab. Bei 5 Windstärken segeln wir einen Anliegerkurs zur rotweißen Ansteuerungstonne nördlich von Kihnu. Riesige Cumuli türmen sich auf und aus den schwarzen fallen immer wieder Regenschleier, aber freundlicherweise nicht bei uns! Schließlich können wir abfallen und segeln an der Kette der im 1 sm-Abstand gelegten Fahrwasser-Mitte-Tonnen entlang über das Flach nördlich von Kihnu. Schließlich durchsegeln wir die Pärnu-Bucht vor dem Wind und den eingedämmten Fluss hoch bis zum Gästehafen des Pärnu Jahtklubi. Wir bummeln durch die sehr lebendige alte Stadt, in der vieles wieder richtig gut hergerichtet ist, die von Kneipen und Cafés nur so brummt, die sich aber ihrer Geschichte sehr bewusst ist. In der Kirche und an vielen anderen Orten findet gerade ein Neemo und Paavo Järvi-Festival mit ausgesuchter Klassik statt. Vor dem Yachtklub ist der Bär los. Bands spielen, Bier fließt und gegrillt wird, was das Zeug hält. Es war Mittwochsregatta. Nachts schrecken uns heftige Schläge aus den Kojen, die Schwimmpontons hüpfen mit den daran festgebundenen Yachten. Offensichtlich hervorgerufen durch Schwell von einer größeren Marineeinheit, die zu schnell den Fluss hochgefahren ist. Bei einigen der Boote ist der Bug ziemlich lädiert worden. Trotzdem, Pärnu (ehem. Pernau) ist eine lebendige Stadt. Sie hat mit ihrer Bebauung und ihren Parks etwas Leichtes und Charmantes. Wir kommen gerne wieder. Nach einem Besuch der Insel Kihnu segeln wir weiter nach Südwest zur Insel Ruhnu.
Von dem angekündigten Regen bekommen wir nur einen kleinen Teil ab. Der sehr freundliche Hafenmeister von Ruhnu, dem südlichsten Teil Estlands weist uns ein. Am nächsten Morgen nehmen wir uns Fahrräder aus den Ständern vor dem Restaurant und fahren ans Nordende der Insel. Wir besuchen die älteste Holzkirche Estlands (1644), in der immer noch Gottesdienste abgehalten werden. Vom Beobachtungsturm an der N-Huk der Insel haben wir einen herrlichen Blick über die Strände mit einzelnen großen Steinen, Sand und viel Standhafer vor dunklem Kiefernwald. Zurück am Hafen erfahren wir, dass heute Abend traditionelle Volksmusik live bei der Pooda nahe der Kirche gespielt wird. Da müssen wir hin. Es wird ein unvergesslicher Abend. Bei der Volksmusik treffen wir ein Seglerpaar, das den gleichen Törnverlauf wie wir sich vorgenommen hat, nur in der anderen Richtung. Beim anschließenden gemeinsamen Abendessen erfahren wir Neues über die baltischen Häfen, die die Segler eben besucht hatten und die wir evtl. auch anlaufen wollen. Am nächsten Morgen warten wir noch ab bis die Fähre mit den Gästen des gestrigen Musikfestes abgelegt hat und fahren dann gleich hinterher. Wieder flottes Halbwindsegeln bei SW 4 mit Vollzeug Richtung Roomussaare. Die Insel Abruka mit ihren Flachs bleibt an Backbord. Durch den langen Ansteuerungskanal – vorbei an allen möglichen Wasservögeln, die in geringer Entfernung auf dem Aushub an Steuerbord und Backbord zuhause sind – motoren wir nach Kuressaare. Im Hafen empfängt uns Oskar, wie immer hilfsbereit, aktiv und mit Übersicht. Schließlich laufen unsere neuen Segelfreunde von Ruhnu ein. Wir studieren die Wetterlage. Für die folgenden 3 Tage ist starker Wind aus SW mit Regen angesagt. Unser nächstes Ziel ist das 62 sm in SW liegende Ventspils. Das legt uns nahe, einige Tage auf Saarema zu verbringen. Gleich am nächsten Morgen wird die Kuchenbude aufgebaut, weil sich das angekündigte Schietwetter bereits am Himmel abzeichnet. Wir legen noch zusätzliche Luvleinen und gehen schließlich gegen Wasser von oben geschützt auf Tour durch das schöne Städtchen. Wir bitten Oskar uns für die nächsten 2 Tage einen Mietwagen zu besorgen und laden Wolfgang und Margret abends zu uns an Bord ein. Während es draußen stürmt und heult, haben wir einen langen und anregenden Abend auf der „Koller“. Früh am nächsten Morgen ist der Mietwagen da, und wir beginnen unsere Rundreise auf Saaremaa. Über das Denkmal der verlustreichen Rückzugsschlacht im Oktober 1944 bei Tehumardi fahren wir auf der Küstenstraße von Sörbe zur Südspitze, die weit in die Irbenstrasse hineinreicht und deshalb schon immer von strategischer Bedeutung war. Neben dem auffallenden schwarzen Leuchtturm sind Relikte gesprengter Militäranlagen und Gedenktafeln für gefallene deutsche und russische Soldaten zu finden. In einem in der Nähe befindlichen Militärmuseum in einem ehemaligen russischen Verwaltungsgebäude ist Kriegsschrott aus den beiden Weltkriegen und aus vergangener russischer Zeit zu sehen. Schlechte Beschreibung nur in Russisch und Estnisch und museumsdidaktisch ganz miserabel gemacht. Zurück fahren wir auf der westlichen Seite von Saaremaa, besuchen die alte Kirche St. Michaelis in Kichelkonna, und das hohe Kalksteinkliff bei Panga, das sehr an Gotland erinnert. Es ist ja auch der gleiche Stein und die gleiche geologische Formation, die sich durch die Ostsee zieht und nur an diesen beiden Stellen zu Tage tritt. Meteoritenkrater gibt es reichlich in Estland. Neben dem riesig großen nördlich von Estland in Meer gelegenen Unterwasser-Krater, in dem sich gerne sowjetische U-Boote versteckt hatten, liegen die bei Kaali aus ca. 400 vor Chr. an Land und sind relativ jung. Ein sehr gut gemachtes Museum informiert mit Exponaten und Filmen über Asteroiden. Zurück in Kuressaare reicht es noch für einen Besuch in der Bischofsburg. Morgen soll der Wind aus SE kommen und später auf NE drehen. Das ist unser Wind.
Wir legen zeitig ab. Den ersten Versuch zu segeln starten wir nach Verlassen der gebaggerten Rinne und brechen ihn wegen einschlafendem Wind wieder ab. Der zweite Versuch kommt eine Stunde später wird aber nach einer Stunde wieder abgebrochen. Schon seit dem Morgen bauen sich dramatische Wolkenformationen wie aus dem Lehrbuch für komplexe Meteorologie auf. Unbeschreiblich. Im Nordwesten wachsen aus einer Packung von unten schwarzen aber von oben mit Licht durchbrochenen hohen Cumuli immer wieder Wasserhosen nach unten, über dem lettischen Festland steht eine tintenschwarzen Gewitterwand und im Osten stehen riesig hohe Cumulonimbus. Wir motoren immer noch. Was wird mit dem Wind passieren? Erst am späten Nachmittag kommt mit dem Regen etwas Wind und wir können noch ca. eine Stunde segeln. Im Gästehafen von Ventspils machen wir an einem neuen Steg vor Heckboje fest. Die sanitären Einrichtungen sind geschätzte 30 Jahre alt und marode aber „sauber“. Am kommenden Tag soll NE 5-6 stehen. Unser irischer Stegnachbar, der sehr früh mit seiner stäbigen und schmucken Fahrtenyacht abgelegt hat und in die Rigaer Bucht will, kommt gerade wieder zurück in den Hafen; gegen die See konnte er nicht ankreuzen und auch mit Maschine machte er keine Fahrt. Für uns ist diese Windrichtung gut. Im Ölhafen setzen wir das einfach gereffte Groß und segeln mit Bullentalje vor Wind und Welle stundenlang mit 6-7 kn nach Süden. Durch die südliche Molendurchfahrt von Liepaja steuern wir in den Vorhafen und bergen im ruhigeren Wasser das Groß. Wir motoren zum Gästesteg. Hier ist was los. Das Hotel Fontaine feiert sein Jubiläum mit einen großen Festival mit Skater-Ausscheidungen, Moderatoren, viel lauter Musik, abends mit Feuerwerk und jeder Menge Bier aus Pappbechern. Die Admiralin geht mit ihrem Skipper lieber aus in ein lettisches Restaurant. Am nächsten Tag steht immer noch Wind aus NE heute aber nur mit 4-5. Unser Segelkamerad vom KYC Strande, den wir schon auf Ruhnu getroffen haben, will noch bleiben und schließlich in Nidda überwintern. Wir freuen uns über den schönen Wind setzen im Vorhafen die Segel, segeln flott durch das südliche Molentor und drehen auf Südkurs. Der morgens noch klare Himmel bezieht sich zunehmend mit Altocumculi.
Die Mole von Klaipeda ist weit in die See hinausgebaut. Nach Rundung des Molenkopfes hört die Schaukelei auf und wir motoren die ca. 2,5 sm durch den betriebsamen Hafen hoch bis zur Einmündung des Flüsschens Dane. Dort wenden wir nach Backbord und fahren bis zur Drehbrücke. Die öffnet zu jeder vollen Stunde und gibt die Durchfahrt in den Yachthafen im Burggraben frei. Der ist heute aber voll belegt mit Regattateilnehmern. Wir folgen der Empfehlung des umtriebigen Hafenmeisters und machen außen an der Flußpier fest. Der Abendspaziergang führt natürlich zum Denkmal von Simon Dach mit dem „Ännchen von Tharau“. Wie lange schon wollte ich der kleinen bronzenen Schönheit schon ein Ständchen bringen. Zwei Frauen, an der Stimme unschwer als Oberbayerinnen zu erkennen, die Ännchen fotografieren, machen mit und zu Dritt singen wir „Ännchen von Tharau ist´s die mir gefällt……“. Ich fühle mich sehr gut und bin zufrieden bis glücklich. In einer gemütlichen Kneipe am Theaterplatz gibt´s ein leckeres Abendessen.
Die Admiralin kommt mit ihrem Antrag durch als nächstes Ziel nicht Danzig in Inneren der Bucht anzusteuern und bringt zwei Argumente an. Erstens wäre das für unsere zeitlich enge Heimreise ein großer Umweg, wir könnten ja auch von z.B. Wladislawowo per Bahn nach Danzig kommen und zweitens liefen wir Gefahr zu nahe an die russische Grenze zu kommen mit all den Risiken an der russischen Seegrenze über die wir viel Abenteuerliches gehört haben. Also Wladislawowo. Für die nächsten Tage ist in Navtex nichts von einer Sperrung der Schießgebiete entlang des 120 sm-Schlags zu lesen. Wir rufen sicherheitshalber beim Auslaufen am Mittag des folgenden Tages noch beim litauischen Grenzschutz an. Die haben auch keine anderen Informationen. Statt „Safe Trip“ wünschen sie uns „Good Luck“. Das irritiert etwas. Gleich hinter dem grünen Molenkopf setzen wir die Segel und warten auf den angesagten N 4-5. Da müssen wir uns bis 15.30 gedulden. Dann legt der Wind rasch zu und wir können ohne Geschwindigkeitsverlust die Genua wegrollen, die bei dem raumenden Wind im Windschatten des Groß zunehmend ihre Wirkung verliert. Die stärker werdende Dünung, die von achtern aufläuft, lässt die Koller rollen. So segeln wir in die Nacht. Viele Sternschnuppen huschen durch das Himmelsgewölbe, sonst ist die See fast ausgestorben. Wie können insgesamt nur 3 Schiffe ausmachen. Die Freiwache schläft bei dem ausgeprägten Rollen der Koller nicht gut. Recht müde kommen wir in das montags offene polnische Sperrgebiet und steuern Wladislawowo an. Um die Mittagszeit schließlich machen wir im Gästehafen fest und gehen als erstes zum Geldautomaten am Rathaus. Ohne Zloty geht hier nämlich gar nichts……
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